STADTHAUSBAUVEREIN
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Atelierhaus Ackerstrasse, Berlin Mitte
Das Atelierhaus Ackerstrasse in Berlin war ein mehrstufiges Konzeptverfahren der BIM Berliner Immobilienmanagment GmbH im Jahr 2023/2024. In dem mehrstufigen Verfahren hat die vom Stadthausbauverein initiierte Genossenschaft, die sich aus in Berlin lebenden und arbeitenden Künstler*innen zusammensetzte, die letzte Runde erreicht, aber letztlich an eine andere Bieterin verloren.
Synergetische, suffiziente und zyklische Raumnutzung
Das Ateliergebäude Ackerstrasse ist gemäß der Satzung des Stadthausbauvereins räumlich klar in die Straßenseite nach Südwesten, zum Pappelplatz, und eine Hofseite nach Nordosten, zum Eierpark organisiert. Nach vorne liegen die großzügigen und lärm-unempfindlichen Raumnutzungen, die Ateliers, Küchen, etc., nach hinten die Schlafräume. So entsteht ein Dialog zwischen Stadt und Bewohner*innen, zwischen Invalidenstrasse und Eierpark, zwischen Kunst und Nachbarschaft. Ein nutzerzentriertes Gebäude, das Wohnen und Arbeiten vereint und sich an die wandelnden Bedürfnisse anpasst und somit einen gebauten Beitrag zum Diskurs über Suffizienz und flächensparsame Raumnutzung leistet.
Kernnutzung und Schalträume
An so prominenter wie zentraler Lage ist es ein besonderes Anliegen, Raum zu schaffen, der über lange Zeit gut genutzt werden kann. Ziel ist neben der Schaffung von Raum, in dem die Verbindung von Wohnen und Arbeiten enger verzahnt werden kann, die Vermeidung des Leerstands – sowohl im Wochenrhythmus von einzelnen Räumen als auch im Lebenszyklus der Hausbewohner. Ateliers und Büros, die nur unter der Woche genutzt werden, könnten abends oder am Wochenende für anderes genutzt werden. Ein Projektraum, der nur am Wochenende für Publikum öffnet, kann unter der Woche für anderes genutzt werden. Auf lange Sicht gesehen ist es vor allem die Nicht-nutzung von Kinderzimmern in Familienwohnungen oder - häusern, die mit dem Auszug der Kinder nicht mehr genutzt – oder im Jargon der Abfallwirtschaft: downgecycelt –werden. Es ist genauso ökologisches Gebot wie ökonomisches Potenzial, solche Leerstände zu vermeiden. Zu diesem Zwecke gibt es in dem Atelierhaus Ackerstrasse Kernnutzungen und Schalträume. Auf jeder oberen Etage gibt es zwei durchgesteckte Kernwohnungen mit je zwei Schlafzimmern nach hinten und einer großzügigen Küchen nach vorne. An der Hofseite schließen an die Kernwohnungen je ein Studio Apartment an, das als Teil der Wohnkonstellation genutzt werden kann, aber durch einen Anschlussfähigkeit einer kleinen Küche auch autark genutzt werden kann. Nach vorne zum Platz schließen an die Küche fünf Atelierräume an, die je nach Bedarf Teil der Wohnung werden können oder autark von Dritten genutzt werden können.
Der Remanenzeffekt, also der Umstand, dass Bewohner in ihren Häusern und Wohnungen verbleiben, obwohl der Platzbedarf durch den Auszug der Kinder, eine Trennung oder einen anderen Grund eigentlich verringert ist, führt im Bauwesen zu einem Reboundeffekt, der allen technischen Fortschritt und alle Einsparbemühungen auf dem Weg zu ökologischem Bauen durch einen erhöhten Flächenbedarf pro Kopf konterkariert. Wenn durch den Einsatz doppelt so guter Dämmmaterialien und doppelt so effizienter Heiztechnik halb so viel Energie pro Quadratmeter verbraucht werden würde, aber am Ende jeder doppelt so viele Quadratmetern für sich beansprucht, ist nichts gewonnen. Ein Szenario auf dem Weg zu suffizienter Raumnutzung sind im Atelierhaus Ackerstrasse also Szenarien, in denen sich Raumnutzung bei verringerndem Platzbedarf auch tatsächlich verkleinern kann. Eine Familie, deren zwei Kinder beim Einzug im Grundschulalter waren, kann also spätestens 15 Jahre später aus der Dreizimmerwohnung das Studioapartment an die Genossenschaft zurückgeben, so dass es von den Genossen als Gästezimmer geteilt oder komplett neu vermietet werden kann.
Im Sinne einer offenen und inklusiven Stadt sind alle Bäder aller Wohnungen in dem Atelierhaus barrierefrei. Die Flure sind mit einer lichten Breite von 1,5m großzügig, laden zur Begegnung ein, und sind zum Wenden von Rollstühlen geeignet. Alle Türen sind mit 90cm lichter Breite großzügig und rollstuhlgerecht.
Genauso wie die Konstellationen im Wohnen sich im Wandel befinden, sind die Formen des Arbeitens und das Verhältnis der Arbeitenden zu ihrer Arbeit im Wandel. Kulturelle und künstlerische Produktion genauso wie alle anderen Formen der freischaffenden Tätigkeiten haben sich in den letzten Jahren als Avantgarde im Guten wie im Schlechten – Stichwort Prekariat – gezeigt. Die Möglichkeit zur Vermischung der Sphären der Arbeit und des Lebens spiegelt nicht nur ein post-pandemische Alltagsrealität ab, die noch nach räumlichen Entsprechungen sucht, sondern ist vor allem verkehrspolitisch hin zu einer Stadt der kurzen Wege unabdingbar. Die Anordnung der Ateliers im Atelierhaus Ackerstrasse wird diese einerseits als autarke Arbeitsräume nutzbar machen – durch Einbau und Anschlussfähigkeit von Ausgussbecken oder die leichte Erreichbarkeit von zentralen Toilettenanlagen –, zum größten Teil werden die Ateliers aber als Teil der Wohnungen diese erweitern und so die zyklische Mehrfachnutzung als künstlerisch kultureller Arbeitsraum über die Produktion hinaus zum Ort der Begegnung, des Austausches und der kulturellen Vermittlung machen. Ein Atelierraum, der an eine Küche der Kernwohnung anschließt, kann also abends und am Wochenende Teil der Wohnnutzung werden, oder zwischen Atelier und Küche kann ein Bibliotheksraum mal Teil der Wohnung, mal Teil des Ateliers sein. Die zyklische Raumnutzung im Tages- und Wochenrhythmus macht den Raum mehrfach nutzbar, und ist damit ökonomisch und ökologisch sinnvoll.
Neben der erleichterten Teil- und Abteilbarkeit ist die Kleinteiligkeit der Atelierflächen ein Garant dafür, dass sich einerseits auch nicht-finanzstarke Akteure der Kunst- und Kulturszene ein Atelier leisten können, und dass die Möglichkeiten des Austausches und der Gemeinschaft angelegt sind. Die kleinste Ateliereinheit beträgt circa 20qm, die kleinste autarke Fläche im EG ebenfalls 20qm.
Vom Keller bis zum Dach ziehen sich im Atelierhaus Ackerstrasse die Ideen der Teilbarkeit, Leistbarkeit und Mehrfachnutzung, der Synergie, Suffizienz und des Zyklischen, um ein ökologisch, sozial und ökonomisch wegweisendes Projekt zu initiieren.